Verleihung der Oberbayerischen Integrationspreise 2023
Susanne Winter2023-10-24T16:21:05+02:00Am 23. Oktober wurden in München die Oberbayerischen Integrationspreise 2023 verliehen. Beim Festakt in der Regierung von Oberbayern erhielten die insgesamt 8 folgenden Preisträger ein Preisgeld in Höhe von 750 € :
Malereiprojekt Parkbänke und Umweltprojekt (Altötting)
Die Idee für das Malereiprojekt Parkbänke entstand aus der Situation, dass eine ehrenamtliche Helferin und ein geflüchteter Mann gemeinsam auf einer Parkbank saßen, die bereits sehr abgenutzt war. Da kam in dem Geflüchteten der Wunsch auf, diese – als Dank für seine Aufnahme hier in Deutschland – durch Bemalung gestalterisch aufzuwerten. Dem Beispiel folgten weitere: Mittlerweile wurden bereits 12 Parkbänke gestaltet – ein Do-it-Yourself für Menschen, die gerne handwerklich arbeiten.
Die Idee für ein Umweltprojekt entstand im Deutschunterricht im Zusammenhang mit dem Thema Abfall. Die Gruppe vereinbarte, dass jede Familie ihre Straße bzw. ihren Gehsteig oder Garten von Abfall befreit. Alle Gruppenmitglieder haben diese Vereinbarung ernst genommen und sich an der Aktion beteiligt.
Die Altöttinger Bevölkerung profitiert somit vom Projekt in Form von Orten zum Wohlfühlen und kann sowohl die farbenprächtigen Parkbänke als auch die schöne, aufgeräumte Umgebung genießen.Verein der Togoer in Freising zur Integrationsarbeit (Freising)
Der Verein setzt sich in vielfältiger Weise für die Verständigung zwischen den Einheimischen und den Freisinger Togoern ein. Seit 2008 organisiert der Verein alljährlich ein Afrikafest. Hier werden Afrikas kulturelle, sportliche und kulinarische Seiten gezeigt und auf diese Weise ein tolerantes Miteinander aller Menschen der Stadt Freising und des Landkreises gefördert.
Der Verein lädt Bürger und Bürgerinnen aller Nationen aus Stadt und Landkreis Freising zu Musik, Tanz, Markt, Speisen, Sport, Wettbewerben und Diskussionen ein. Das Afrikafest ist jedes Jahr ein fester Termin im öffentlichen Leben der Stadt Freising. Es dient somit als gelungenes Beispiel für Integration durch respektvolle Kommunikation und gegenseitiges Verständnis der Festgäste aus über 100 Nationen, die in der Stadt und im Landkreis Freising zuhause sind.
Der Verein ist in Freising mit Behörden, Parteien, Polizei, Kulturorganisationen und Unternehmen vielfältig vernetzt; ein Großteil der Vereinsmitglieder lebt seit vielen Jahren gut integriert in der Domstadt.Schwimmkurse für Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund (Kaufering)
Bereits zum dritten Mal findet im Lechtalbad in Kaufering ein Schwimmkurs für Frauen und Mädchen mit Migrationshintergrund statt. Das Angebot ist ein Kooperationsprojekt des Evangelischen Gemeindevereins Kaufering e.V. in Zusam-menarbeit mit der Schwimmschule „Fit-im-Wasser“ aus Scheuring.
Die Nachfrage ist groß, die Wartelisten entsprechend lang. Die Teilnehmerinnen oder deren Herkunftsfamilien kommen u. a. aus Afghanistan, Eritrea, Kongo, Nigeria, Syrien, Türkei, Sansibar und Tansania. In der Regel umfasst der Schwimmunterricht 10 Einheiten à 45 Minuten, der mit einer Prüfung und anschließender Überreichung einer Urkunde abgeschlossen wird. Ehrenamtliche fah-ren die Frauen und Mädchen aus oft entlegeneren Orten zum Schwimmkurs und bringen sie wieder nach Hause.
Dank des Kurses entwickeln die Frauen, die oftmals traumatische Erfahrungen im Meer erlebt haben, wachsendes Selbstvertrauen. Vielfach fördern sie auch ihre Töchter beim Schwimmen lernen.Ausbilden statt aufgeben – Betriebliche Umschulung (München)
Das Projekt „Ausbilden statt aufgeben“ des avanta lettershop – avanta München e. V ermöglicht Migrantinnen und benachteiligten Frauen eine betriebliche Umschulung zur „Kauffrau für Büromanagement“. Die Umschulung dauert insgesamt zwei Jahre und ist in Teilzeit möglich. Die Teilnehmerinnen besuchen zwei Tage in der Woche die Berufsschule, nehmen an der fachpraktischen Ausbildung im avanta Lettershop teil und werden berufspädagogisch begleitet. Die Umschulung endet mit einer schriftlichen und mündlichen Prüfung vor der IHK München.
Insgesamt haben seit 2011 bereits 91 Teilnehmerinnen die Ausbildung abgeschlossen, aktuell befinden sich 57 Teilnehmerinnen in Ausbildung (Stand: Juli 2023).
Der anerkannte berufliche Abschluss schafft beste Voraussetzungen für eine dauerhafte und stabile Integration in einen Beruf und für finanzielle Eigenständigkeit. Durch den Berufsabschluss steigert sich bei vielen Teilnehmerinnen erkenn-bar das Selbstwertgefühl, so dass viele von ihnen sich anschließend für weitere Fortbildungen entscheiden.Beyond Color (München)
Beyond Color ist eine Münchner Gruppe von Personen, die sich selbst als People of Color (POC) LGBTQIA+ mit Erfahrungen von Rassismus, Diskriminierung und Migration identifizieren. Sie ist offen für Menschen verschiedenster Herkunft und Wurzeln, Ethnizität und sexueller sowie Gender-Identität.
Beyond Color engagiert sich in Anti-Diskriminierungs-, Anti-Gewalt- und Empowerment-Arbeit für LGBTQIA+ Personen mit Erfahrungen von Migration, Rassismus und allen Formen von Diskriminierung. Die Projektmitglieder halten Workshops, Gesprächsrunden und Vorträge, veranstalten Partys, Performances, Kunstausstellungen sowie Tagungen in München und Europa und organisieren den Austausch mit ihren Herkunftsländern.
Die Organisatoren und Organisatorinnen leisten einen Beitrag zur besseren gesellschaftlichen Akzeptanz von queeren People of Color, indem sie sowohl allgemein über Rassismus aufklären als auch People of Color stärken, besser mit ihren Rassismus-Erfahrungen umzugehen. Die Projektmitglieder halten im Jahr rund 15 bis 20 Vorträge und Workshops oder veranstalten Festivals wie beispielsweise „Extrapride“ 2022 mit rund 400 Besuchern.Sozialeinrichtung Perlacher Herz (München)
Der Nachbarschaftstreff Perlacher Herz ermöglicht Begegnungen zwischen Menschen aus München-Neuperlach und wirkt so der Vereinsamung entgegen.
Besucher und Besucherinnen der Einrichtung werden ermutigt, eigene soziale Netzwerke im Alltag gründen, ihr Leben autonom zu gestalten und sich selbst zu strukturieren. Das Perlacher Herz fördert auf diese Weise Partizipation und In-tegration. Die Angebotspalette ist breit gefächert und reicht vom Frauenfrühstück, Café und Kochen über Hip-Hop, Lernprojekte und Werkstatt bis hin zu tiergestützter sozialer Arbeit. Täglich finden hier 100 bis 150 Kontakte und Begegnungen statt. Für Viele ist die Sozialeinrichtung zu einer Familie geworden, in der Akzeptanz und Wertschätzung gelebt werden.AllKids Prien (Prien am Chiemsee)
AllKids Prien ist ein Nachhilfeprogramm für Priener Schüler und Schülerinnen, das sich besonders für sozial benachteiligte Kinder, geflüchtete Kinder und Kinder von Alleinerziehenden einsetzt. Nachhilfe erteilen Schüler und Schülerinnen aus weiterführenden Schulen in Prien, engagierte Bürger und Bürgerinnen, Gemeinderatsmitglieder, Rentner und Rentnerinnen und pensionierte Lehrkräfte.Im Frühsommer 2023 wurden insgesamt 35 Schulkinder und Vorschulkinder aller Priener Schulen in drei Gruppen unterstützt: 10 ukrainische Vorschulkinder und 10 Schulkinder erhielten jeweils Gruppenunterricht (45 bzw. 60. Minuten pro Woche), 15 weitere Schulkinder erhielten Einzelunterricht (60 Minuten pro Woche). Die Nachhilfelehrkräfte werden über Spenden vergütet und erhalten ein Honorar von 15 Euro pro Nachhilfestunde. Für die Eltern ist die Nachhilfe kostenlos.Integration durch Cricket in Tegernsee (Tegernsee)
Cricket in Tegernsee gibt es bereits seit 1992. Ab dem Jahr 2014 änderte sich die Spielerstruktur, als zum Verein Geflüchtete aus Afghanistan stießen, wo Cricket als Volkssport gilt. Seitdem sind neben afghanischen Geflüchteten auch viele IT-Experten aus Indien, Pakistan und Bangladesch dazu gekommen. Engagierte Vereinsmitglieder gewannen Sponsoren und Freiwillige, schufen eine Möglichkeit für erste Wintertrainings, beschafften Ausrüstung, erneuerten die Cricket-Außenanlage, verzichteten auf Vereinsbeiträge, übernahmen die Fahrt-kosten zu Bundesligaspielen und sprachen die Geflüchteten gezielt an.Durch das Netzwerk innerhalb des Vereins haben die Spieler Jobs und Ausbildungsplätze im Tegernseer Tal gefunden. Die Aktivitäten und der intensive Einsatz des Vereins führten auch dazu, dass zahlreiche Spenden generiert werden konnten. Für den Turnverein Tegernsee 1888 e. V. bedeutet Integration, dass „beide Kulturen harmonisch miteinander dauerhaft leben“. Diesen Leitgedanken setzen die Preisträger durch Hilfe zur Selbsthilfe eindrucksvoll um.
Ich danke Herrn Regierungspräsidenten Konrad Schober und Regierungsvizepräsidentin Sabine Kahle-Sander herzlich für die Einladung und vor allem den Preisträgern für ihre außergewöhnlichen Leistungen!